Forscher, Vater, Egomane

„Jacques – Entdecker der Meere“ – Biopic über Cousteau kommt in die Kinos

Kein anderer Name hat in der Welt der Taucher solch einen Klang wie Jacques-Yves Cousteau. Er gab die Anregung zur Entwicklung des Lungenautomaten. Sein Film „La Monde de silence“, preisgekrönt mit der „Goldenen Palme von Cannes“ eröffnete für viele Menschen erstmals einen Blick in die Unterwasserwelt. Nun ist das Leben des 1997 in Paris verstorbenen Unterwasserpioniers Thema eines großangelegten Spielfilms geworden. Der am 8. Dezember in die deutschen Kinos kommt.

Der deutsche Titel „Jacques – Entdecker der Meere“ täuscht ein wenig über das eigentliche Thema hinweg. Im französischen Original heißt der zweistündige Streifen „L’Odyssee“ und der durchaus metamophorische Titel trifft es eigentlich besser. Erzählt wird die Geschichte Cousteaus aus der Warte der Auseinandersetzung mit seinem ältesten Sohne Philippe, der 1979 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Besetzung lässt keine Wünsche offen

In die Rolle von „Le Capitaine“ schlüpft Lambert Wilson, der in manchen Szenen Cousteau zum Verwechseln ähnlich sieht. Pierre Niney spielt den erwachsenen Philippe und erinnert bisweilen an den jungen Sean Penn. Simone Cousteau wird von Audrey Tatou verkörpert, die in „Die wunderbare Welt der Amelie“ glänzte. Die Besetzung läßt also keine Wünsche offen.

In Szene gesetzt wurde das alles von Jérôme Salle, der „Jacques“ zu einem bildgewaltigen Biopic verwandelt. Der Film fließt in wunderbaren Bildern breit dahin. Keine hektischen Schnitte oder wackeligen Hand-Held-Camera-Sequenzen verderben den Sehgenuss. Adlerrochen schweben in Formation vorbei, Seelöwen spielen in Kelpwäldern, der Tanz mit einem Buckelwal gehört zu den schönsten Sequenzen des Films.

Forschung für die Ölindustrie

Dagegen steht die Darstellung des Forschers. Sie ist durchaus ambivalent, einerseits beschreibt Salle den großen Cousteau als liebevollen Vater, andererseits als hemmungslosen Egomanen. Er liebt seine Frau und ist trotzdem ein großer Womenizer. Das Leben zwischen zwei Welten ist dann auch das eigentliche Thema. Cousteau, der der Welt eigentlich als großer Umwelt- und Meeresschützer im gedächtnis geblieben ist, war nämlich nicht immer so. Seine ersten Forschungsfahren auf der legendären Calypso ließ er sich von der Erdölindustrie sponsorn. Im Persischen Golf sollten Cousteau und seine Taucher die Möglichkeiten für Off-Shore-Bohrungen erkunden.

Sohn Philippe sieht dem Treiben des Vaters mit immer größerer Ablehnung zu. Und als dann für Filmzwecke in Südafrika zwei Seelöwen eingefangen und dressiert werden, kommt es zum Bruch. Philippe wendet sich ab um in den USA seine eigene Karriere als Fotograf und Filmemacher zu verfolgen. Erst als der Vater mit der völlig überalterten Calypso zu einer selbstmörderischen Mission in der Antarktis aufbricht, kommt Philippe zurück. Hier nun finden Vater und Sohn wieder zusammen, vor allem, weil Philippe den umtriebigen Meeresforscher davon überzeugen kann, sich ernsthaft in den  Dienst des Schutzes der Ozeane zu stellen.

Ein Nationaldenkmal wackelt

Es ist ein beeindruckender und vor allem sehr schöner Film. Er zeigt Cousteau von einer sehr menschlichen Seite, auf eine Art, die schon fast dazu angetan ist, ein französisches Nationaldenkmal zu kippen. Aber soweit kommt es dann doch nicht. Taucher werden an diesem Film viel Freude haben, wenngleich für sie die Tauchgeschichte vielleicht ein wenig zu kurz kommt. Die Entwicklung des Lungenautomaten wird kurz gestreift und begründet Cousteaus finanzielle Unabhängigkeit. Doch auch Nichttauchern wird das Biopic gefallen. Schöne Bilder und eine bewegende Geschichte – so einfach werden gute Filme gemacht.

Peter S. Kaspar